
In Neukölln tanzen die Puppen
In der Karl-Marx- Straße 135 verbirgt sich zwischen einem Späti und einem Modegeschäft der Zugang zu einer eigenen kleinen Welt: Hier residiert das Puppentheater Museum Berlin.

© Photothek/ Amrei Schulz
In der Neuköllner Karl-Marx-Straße 135 verbirgt sich zwischen einem Späti und einem Modegeschäft der Zugang zu einer eigenen kleinen Welt: Hier residiert das Puppentheater Museum Berlin.
Im Innenhof grüßen die ersten Großpuppen. An einem der Tische trinken zwei ältere Damen Tee – beide sind lebensgroße Theaterpuppen und gehören zum Inventar.
Das Museum befindet sich seit 1995 an der Karl-Marx-Straße, obwohl seine Geschichte viel früher begann. Der Gründer Nikolaus Hein begeisterte sich früh für das Puppentheater und sammelte über die Jahre immer mehr Puppen. 1986 gründete er zunächst ein mobiles Museum, das wie die Puppentheater früher von Ort zu Ort reiste. Dietmar Mros vom Museum erklärt: „In früheren Zeiten waren Puppentheater Familiengeschäfte. Eine Familie baute die Puppen und zog dann von Dorf zu Dorf, um den Menschen aktuelle Stücke mit Puppen nachzuspielen. So kam die Kultur auch in die Dörfer. Die damaligen Stücke zeigen, dass Puppentheater nichts für Kinder war. Es ging oft ums Prügeln.“
Dietmar Mros ergänzt: „Puppenspiel ist eine alte Kunstform. In allen Kulturen der Welt entwickelten sich Puppentheater unabhängig voneinander, oft mit vergleichbaren Figuren. So gab es etwa Faust als Puppenspiel bereits lange vor Goethe, der sich davon inspirieren ließ. Die Figur des Kaspers als anarchischer Kritiker der Obrigkeit findet man seit dem späten 17. Jahrhundert fast überall.“ Eine Kasperfigur aus den 1850er-Jahren ist das älteste Exponat im Museum. „Oft ist der Kasper die einzige Figur, die ihren Mund bewegen kann“, ergänzt Elke Bremer, ebenfalls Mitglied im Verein.
Heute umfasst die Dauerausstellung im Erdgeschoss rund 400 Puppen. Einige dürfen sogar benutzt werden. „So wird schnell klar, warum das Puppentheater das älteste Theater überhaupt ist. Sobald jemand eine Puppe, ein Kuscheltier oder einen anderen Gegenstand in der Hand hat, fängt er an zu spielen“, wie Dietmar Mros erklärt.
Das Museum spricht sowohl interessierte Erwachsene als auch Kinder an. Oft ist es der erste Museumsbesuch für Kinder. Elke Bremer betont: „Einige Kinder waren vielleicht schon im Naturkundemuseum, aber die meisten kommen hier zum ersten Mal so richtig in Berührung mit einem Museum. Die Kinder werden einbezogen und können Sachen anfassen. Andere Puppentheatermuseen sind eher wissenschaftlich ausgerichtet, weniger spielfreudig.“
Kraftanstrengung durch Verein und Förderkreis
Bis ins Frühjahr war die Zukunft des Museums ungewiss. „Mit den berlinweiten Mittelkürzungen fiel unsere Förderung weg“, berichtet Elke Bremer. „Nur mit Eintrittsgeldern können wir das nicht stemmen, denn es soll ein niedrigschwelliges Angebot bleiben.“ Dank der 40 Vereinsmitglieder, einiger großzügiger Spenden und der Unterstützung durch STADT UND LAND konnte das Museum kurz vor der Schließung gerettet werden.
„STADT UND LAND hat uns schon vorher unterstützt. Dass wir hier überhaupt sein dürfen, ist in diesen Zeiten keine Selbstverständlichkeit“, beschreibt Dietmar Mros die Situation. Für die langfristige Finanzierung sind jedoch weitere Anstrengungen notwendig. Neue Vereinsmitglieder sind immer willkommen. Es ist auch möglich, das Museum für Kindergeburtstage oder, zumindest montags am eigentlichen Schließtag, für eigene Veranstaltungen zu mieten. „Wir haben hier eine gute Akustik, eine feste Bühne und etwa 400 Augenpaare, die immer mit dabei sind.“ Pädagogische Fachkräfte oder angehende Puppenspieler können in Workshops unter Anleitung eigene Puppen bauen.
Der Verein und der im Aufbau befindliche Förderkreis werden auch in Zukunft alles dafür tun, dass dieser besondere Ort erhalten bleibt.
PUPPENTHEATER MUSEUM BERLIN
Karl-Marx-Straße 135 · 12043 Berlin www.puppentheater-museum.de
Öffnungszeiten: Di. – So., 14:00 bis 18:00 Uhr